Wer war Lothar von Kübel?

Wer war der Mann, dem unsere Schule seinen Namen verdankt? Um es gleich vorwegzunehmen:

Lothar von Kübel, nach dem unsere Schule 1974 benannt wurde, war ein (Weih-) Bischof. Er war ein Mann, der mutig zu seiner Meinung stand und dafür auch Nachteile in Kauf nahm.

Lothar war ein Sinzheimer

Es sind mittlerweile bald zwei Jahrhunderte vergangen, seitdem der kleine Lothar in einem einfachen Bauernhaus in der Litzlung 1823 geboren wurde. Lothar war ein vorzüglicher Schwimmer und rettete seinem Schulkameraden Max Link das Leben, nachdem dieser von einem Strudel beim Baden im Rhein erfasst worden war. Schon als kleiner Junge hatte er den Wunsch, Priester zu werden. Da er ein sehr begabter und fleißiger Schüler war, studierte er später in Freiburg Theologie. Seine Eltern erlebten leider nicht mehr, wie er zum Priester geweiht wurde. Aber für den Ort Sinzheim war das ein großes Fest.

Lothar Kübel hatte besondere Aufgaben

Nur kurze Zeit war er als Kaplan in verschiedenen Pfarreien. Seine Hauptaufgabe war über zwanzig Jahre lang die Ausbildung der jungen Männer, die wie er Priester werden wollten. Es war keine leichte Zeit für die Kirche, in der er diese Aufgabe ausübte. Baden war damals ein eigenes Großherzogtum, und die badische Regierung in Karlsruhe lag mit der katholischen Kirche im Streit.

Darf es kirchliche Schulen geben oder müssen alle dem Staat gehören? Was müssen die jungen Priester lernen und was nicht? Wozu sind Klöster da? Wer hat zu bestimmen, wer Bischof wird?

Mit solchen und ähnlichen Streitereien hatte sich Lothar Kübel herumzuschlagen.

Lothar Kübel sollte Erzbischof werden

Der Erzbischof von Freiburg war schon sehr alt. Er machte sich Gedanken, wer wohl sein Nachfolger werden könnte. Es sollte ein Mann sein, der klug und vorsichtig, aber auch eindeutig und bestimmt der badischen Regierung gegenübertreten konnte. Sein Wunschkandidat war Lothar Kübel und alles sah danach aus, dass er einmal der neue Erzbischof von Freiburg werden wird. Man wählte ihn zum Domdekan und weihte ihn auch bald mit Zustimmung des Papstes zum Weihbischof (1867). Er sollte dem Erzbischof bei seinen Aufgaben helfen, vor allem bei der Spendung der vielen Firmungen überall im Land. Bald danach starb der alte Erzbischof und Lothar Kübel sollte sein Nachfolger werden. Dazu mussten der Papst und die Regierung zustimmen. Die badische Regierung in Karlsruhe sagte jedoch nein, da sie einen anderen Wunschkandidaten hatten. Aber der Papst machte ihn trotzdem zum „Erzbistumsverweser“. Das ist so etwas wie ein vorläufiger Bischof. Und das blieb er sein Leben lang, vierzehn Jahre. Auch als ihm der württembergische König den Adelstitel verlieh – von jetzt an hieß er Lothar von Kübel – versagte ihm die badische Regierung die Zustimmung zum Amt des Erzbischofs von Freiburg.

Lothar von Kübel: Arbeit eines Erzbischofs

Obwohl er nicht so genannt werden durfte, erledigte er alle Aufgaben eines Erzbischofs in hervorragender Weise. In nervenaufreibenden Verhandlungen verteidigte er immer wieder zäh die Rechte der Kirche. Einmal wurde er deshalb sogar vor Gericht gestellt, ein andermal wurden ihm beinahe seine Möbel gepfändet. Aber viel lieber als die hohe Politik war ihm der Kontakt zu den Menschen. Im Laufe seiner Arbeitszeit besuchte er alle Pfarreien seines Erzbistums mindestens einmal. Das waren damals fast 850 Pfarrgemeinden vom Main bis an den Bodensee. Dann spendete er den jungen Leuten die Firmung, predigte und sah nach dem Rechten.

Überall wurde er begeistert empfangen. Vor allem die einfachen Leute liebten ihren Bischof – auch wenn er dies aus offizieller Sicht gar nicht recht war. Denn Lothar von Kübel kannte die Sorgen und Nöte der Menschen. War er ja ursprünglich ein Bauernbub aus der Litzlung.

Lothar von Kübel musste früh sterben

Die Streitereien mit dem Staat und die unermüdliche Arbeit zehrten an seinen Kräften. Er wollte sich in St. Peter im Schwarzwald von einem leichten Schlaganfall erholen, als er im Jahre 1881 mit nur 58 Jahren an einem Herzinfarkt starb. Er wurde im Freiburger Münster beerdigt.

Wer einmal nach Freiburg kommt, kann dort eine Steinplatte mit seinem Namen und ein Denkmal entdecken. Auch in der Sinzheimer Kirche ist eine Erinnerungstafel an ihn über der Sakristeitür zu finden. Schließlich hat er den Sinzheimern sein Vermögen vererbt als Beitrag zum Bau der neuen Kirche. Auch in unserer Schule findet man im Hof einen Gedenkstein und im Südflügel eine Erinnerungsbüste. Die Schulleiter der Realschule, Grund- und Hauptschule schlugen Anfang der 70er-Jahre dem Gemeinderat vor, den Namen Lothar von Kübel für die Schule zu wählen.

 
   

Büste von Lothar-von-Kübel  Lothar-von-Kübel-Gedenkstein


Weitere Informationen zu Lothar von Kübel erhalten Sie hier.

Lothaire Kubel, ein Großneffe unseres Namensgebers Lothar-von-KübelLothaire Kubel

 

Im Jahre 2016 erreichte unsere Schule ein Brief, der zunächst für etwas Verwirrung sorgte. Das Schreiben umriss die Lebensgeschichte eines Lothaire Kubels, dessen Familie aus Sinzheim-Litzlung stammt. Erst bei genauerem Lesen stellte sich heraus, dass es sich hierbei nicht um den in Sinzheim wohlbekannten Lothar von Kübel handelte, wohl aber um einen ehrwürdigen Namensvetter und Großgroßneffen desselben. Und da war noch die Sache mit dem Namen: Geboren als Lothar Kübel, später beschrieben als Lothaire Kubel bzw. Jean-Marie Cubel. Sollte das ein und dieselbe Person sein?

War der uns bekannte Lothar von Kübel eine diskutierte Persönlichkeit im 19. Jahrhundert, von den Einen hoch gelobt, von der Seite des badischen Staates eher unerwünscht, war das Lebenswerk seines Großneffens in unserer Gemeinde eher unbekannt. Jedoch wurde auch dieser Lothar Kübel uneingeschränkt verehrt von denen, die ihn kennen lernen durften. Aber wer war dieser Mann, der hier durch unsere Jubiläumsschrift in Sinzheim und Umgebung  bekannt gemacht wird?

Lothar Kübel erblickt am 18.04.1918 in Schiltigheim, nahe Straßburg, das Licht der Welt, Im November 1918 wurde das Elsass wieder französisch und so änderte sich sein Name in Lothaire Kubel. 1939 zum Militär einberufen, bringt er „den Irrwitz des Krieges“ in Nordafrika hinter sich und kehrt im Januar ‘41 wieder zurück ins Elsass. Er wird zur Teilnahme an einer politischen und weltanschaulichen Umschulung verpflichtet und anschließend als Deutschlehrer nach Blumberg, später nach Hüfingen (beide im Südschwarzwald gelegen) versetzt. Im Nazideutschland als Lehrer zu arbeiten widerspricht seiner inneren Einstellung und so entschließt er sich im September 1942 zur Flucht. Über die nahe gelegene Schweiz gelangt er in den bis dahin unbesetzten Teil Frankreichs. Seine gefährliche Reise endet in Argenton-sur-Creuse, wo er erneut als Deutschlehrer tätig ist. Dort erhält er zum Schutz seiner Person eine neue Identität: Von nun an ist er Jean-Marie Cubel, geboren am 15. Februar in Miliana, Algerien.  

All dies macht aus Lothaire Kubel alias Jean-Marie Cubel jedoch noch nicht den Mann, dem das Kriegsverdienstkreuz verliehen wird, der in die Ehrenlegion aufgenommen und zum Ehrenbürger Argentons ernannt wird. Die hohen Auszeichnungen erhält Lothaire Kubel für sein couragiertes und besonnenes Auftreten während der tragischen Ereignisse am 9. Juni 1944 in Argenton. Die Stadt, zu diesem Zeitpunkt nun ebenfalls umkämpftes Gebiet, ist von SS-Soldaten besetzt. In der Hitze der Kriegswirren meldet sich Jean-Marie Cubel bei den deutschen Soldaten als Übersetzer. Er bewirkt die Freilassung 174 französischer Gefangener seines Ortes, die andernfalls der Exekution zum Opfer gefallen wären. Neben den über 50 Opfern an diesem Tage, bleiben durch ihn viele weitere Bewohner verschont und dies danken ihm die Bürger von Argenton bis heute.

Nach Kriegsende kehrt Jean-Marie Cubel, wieder als Lothaire Kubel in seine Heimat Straßburg zurück und unterrichtet an verschiedenen Schulen bis zu seiner Pensionierung. Am 2. September 2010 verstarb der bewundernswerte Verwandte unseres Namensgebers. Wir sind sehr froh, dass wir über die Existenz von Lothaire Kubel auf diese Weise informiert wurden.

Zuletzt geändert: Montag, 1. Juli 2024, 22:22